Berlin auf dem Weg zu einer wassersensiblen Stadt – Sind wir auf Kurs?
Starkregen, zunehmende Hitze und eine immer weiter wachsende Stadt stellen die Berliner Wasserversorgung seit Jahren vor enorme Herausforderungen. Die sich intensivierende Klimakrise verstärkt diesen Prozess massiv.
Laut Prognosen wird sich die Anzahl der Hitzetage und Tropennächte bis zum Ende des Jahrhunderts verdoppeln oder gar verdreifachen. Diese führen zu unkontrollierbaren Starkregenfällen, welche wiederum massive Überflutungen zur Folge haben. Mischwasserüberläufe sind ein Grund für die extremen stofflichen Belastungen unserer Gewässer und von Hoch- und Niedrigwasserständen sind nahezu alle Berliner Fließgewässer betroffen.
Dies sind einige der Herausforderungen, vor denen Berlin bereits jetzt täglich im Zusammenhang mit Fragen rund ums Wasser steht und die sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten massiv vervielfachen werden.
Wie kann sich eine Großstadt wie Berlin diesen Herausforderungen stellen? Was macht eine wassersensible Stadt aus? Und ist Berlin eine wassersensible Stadt?
Ein wichtiges Stichwort zur Beantwortung dieser Fragen ist die Schwammstadt. In einer idealen Schwammstadt bleibt das Regenwasser dort, wo es fällt. Das bringt gleich mehrere Vorteile mit sich: ein geringeres Überflutungsrisiko, weniger Mischwasser, stete Grundwasserneubildung und ein gesunkener Bedarf an Trinkwassernutzung für andere Bedarfe.
Auch die Berliner Politik wurde von den offensichtlichen Vorteilen einer Schwammstatt überzeugt, sodass diese 2017 rechtlich beschlossen hat, Berlin zu einer Schwammstadt zu machen.
Wesentliche Maßnahme zum Erreichen des Ziels ist eine jährliche Abkopplung von 1%. Das klingt erstmal wenig, entspricht aber einer Fläche von 62ha, oder visueller ausgedrückt, 87 Fußballfeldern.
4 Jahre nach Festsetzung dieses Ziels ist die Bilanz eher ernüchternd: Das 1%-Ziel ist derzeit nicht umsetzbar. Die Ursachen dafür sind verschieden: Die Projektplanung dauert sehr lange, es werden wenig Anreize für die Abkopplung von privaten Flächen geschaffen, der langfristige Mehrwert von Abkopplung ist nicht in die Berechnung der Kosten einbezogen, sodass kaum finanzielle Anreize geschaffen werden. Grundsätzlich fehlt ein zentrales Monitoring von Flächenabkopplung und Flächenzuwachs.
Im Neubau klappt das mit der Abkopplung heute in einigen Vorzeigeprojekten wie dem Schumacher Quartier bereits sehr gut. Im Bestand jedoch sind die Fortschritte wesentlich geringer. Sie zeigen sich in Maßnahmen zum Überflutungsschutz und der Dachbegrünung. Es besteht Ausbaubedarf.
Neben dem Abkopplungsziel hat Berlin auf dem Weg zu einer wassersensiblen Stadt weitere Maßnahmen in die Wege geleitet:
So wurde die Regenwasseragentur vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Dort werden Infos zu Förderprogrammen, Maßnahmen, und Anbieter:innen für dezentrale Regenwasserbewirtschaftung gesammelt und vorgestellt. Sie bietet Orientierungshilfe für wassersensibles Planen und berät das Land Berlin bei der Umsetzung der Ziele der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung. Darüber hinaus wurden zahlreiche Förderprogramme und Forschungsprojekte ins Leben gerufen und das Land arbeitet besser mit den Bezirken zusammen, gleiches gilt für Stadtplaner:innen und Akteur:innen aus der Wasserwirtschaft.
Grundsätzlich gilt es Wasser als eine wertvolle Ressource anzusehen und nicht als Problem. Berlin zu einer wassersensiblen Stadt umzubauen, ist eine Mehrgenerationenaufgabe, deren Umsetzung nicht nur auf die Schultern der zukünftigen Entscheidungsträger:innen umgewälzt werden kann. Wir müssen jetzt handeln, um unsere Ziele zu erreichen, denn sonst ist es zu spät.
Unser Nachbarland Brandenburg muss mit einbezogen werden!
Es bleibt festzuhalten, dass die wassersensible Stadt eine ressortübergreifende Gemeinschaftsaufgabe und eine Schlüsselgröße bei der Klimafolgenanpassung ist. Es braucht harte Maßnahmen, finanzielle Anreize, Fördermöglichkeiten und einen Struktur- sowie Kulturwandel. Eine politische Zusammenarbeit mit unserem Nachbarland Brandenburg ist auch in Wasserfragen unumgänglich. Wir teilen unsere Fließgewässer, Brandenburg versorgt uns mit Nahrungsmitteln und unsere Klärwerke stehen zum Teil auf Brandenburger Land. Eine Gesamtbilanz für die Wasserverfügbarkeit in der Region Berlin-Brandenburg ist dementsprechend notwendig. Auch unsere Niedrigwasserkonzepte sollten aufeinander und miteinander abgestimmt werden.
Zurück zu unserer Frage: Sind wir nun auf Kurs in Richtung einer wassersensiblen Stadt?
Die Richtung stimmt zumindest schon. Was uns aber noch fehlt, ist ordentlich Wind unter den Segeln…
Der Blogeintrag basiert auf den Ergebnissen des 23. Stadtgesprächs Wasser „Berlin auf dem Weg zur wassersensiblen Stadt – Sind wir auf Kurs?“ vom 7. Juni 2021
Schauen Sie sich gerne den gesamten Mitschnitt der Veranstaltung an:
Wir haben die Ergebnisse ebenfalls in einer Mind-Map für Sie zusammengefasst: